Natürlich grün-gold


Reis ist das Grundnahrungsmittel für zwei Milliarden Menschen. Und für die Ärmsten von ihnen oft das einzige. Damit fehlen ihnen nicht wenige essenzielle Nährstoffe, unter anderem Provitamin A. Auch deshalb leiden weltweit 250 Millionen Kinder im Vorschulalter an Vitamin-A-Mangel. Eine Folge: Bis zu 500 000 erblinden jährlich, etwa die Hälfte von ihnen stirbt innerhalb der nächsten zwölf Monate.Um dem abzuhelfen, begann eine internationale Arbeitsgruppe um den Züricher Pflanzenforscher Ingo Potrykus, eine Reissorte zu entwickeln, die Beta-Karotin (= Provitamin A) enthält.

Wegen der damit verbundenen gelben Färbung nannten sie ihn »Golden Rice« (»Goldener Reis«). Was allerdings im satten Europa manchen Skeptiker alarmierte: Sie hatten dazu Gene der Osterglocke – in der aktuellen Sorte aus Mais – in den Reis eingeschleust. Solche Pflanzen waren bislang die Domäne großer Konzerne, die den Saatgutmarkt von Nutzpflanzen wie Mais, Soja oder Baumwolle mit patentierten Sorten unter sich aufteilten.Das wollten die Schöpfer des »Golden Rice« vermeiden. Sie planten, ihr vitaminstrotzendes Produkt in lokale asiatische und afrikanische Reissorten einzukreuzen und das so erzeugte Saatgut kostenlos(!) an arme Bauern zu verteilen. Die Agrarkonzerne blieben dabei außen vor.

Doch der »Golden Rice« wird kritisch gesehen, weil die Grüne Gentechnik bislang vor allem von einigen Agrarkonzernen genutzt wurde, um patentierte herbizid- und insektenresistente Pflanzen zu züchten.

Der Schweizer Biochemiker Gottfried Schatz wurde kürzlich gefragt, ob er keine Risiken bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen sehe. Seine Antwort: »Ich verneine Risiken keineswegs, bin aber überzeugt, dass sie viel kleiner sind als die, welche wir durch die Nichtanwendung gentechnisch verbesserter Nutzpflanzen in Kauf nehmen. Ich denke hier vor allem an den ›Goldenen Reis‹, eine in der Schweiz und in Deutschland gentechnisch entwickelte Reissorte, die dank ihres erhöhten Vitamin-Gehalts Millionen von Kindern in den reisessenden Regionen der Welt vor Krankheit und frühem Tod retten kann. Sie steht bereits seit über zehn Jahren zur Verfügung, darf aber immer noch nicht eingesetzt werden, obwohl sichergestellt ist, dass Firmen damit keine Extragewinne machen können. Ich erachte dies als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.« Im Frühjahr 2014 soll nun erstmals Saatgut mehrerer Sorten des »Goldenen Reises« an philippinische Bauern verteilt werden.

Wer erinnert sich eigentlich noch an die Debatte vor Jahren, ob humanes Insulin gentechnisch in Bakterien produziert werden dürfe? Heute ist es ein Standardmedikament. Wie sagte der große Paracelsus? »Wer heilt, hat Recht!«


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