Krebs und Krieg


Siddhartha Mukherjee, führender US-Onkologe und Gewinner des Pulitzer-Preises 2011 für sein Krebsbuch »Der König aller Krankheiten«, fragte im Magazin »Newsweek« kürzlich, ob man Steve Jobs hätte retten können. Mukherjee fühlt als Krebsforscher, dass seine Zunft hier versagt hat. Apple-Chef Steve Jobs starb vor einem Jahr an einem sehr seltenen Krebs (PNET) der Bauchspeicheldrüse. Nur fünf von einer Million Menschen werden jährlich damit diagnostiziert.

Interessant ist die Grafik in »Newsweek«. Sie zeigt nicht etwa Krebsmechanismen, sondern das Budget des Nationalen Krebsinstitutes der USA: fünf Milliarden Dollar. Und: Anders als das stagnierende Budget nehmen Krebserkrankungen zu. In den USA erkrankt bei Männern einer von zweien, bei Frauen eine von drei. Und jeder vierte stirbt daran! Zum Vergleich zeigt das Blatt die Militär-Ausgaben der USA für 2008: allein im Nahen Osten 144 Milliarden Dollar!

Zurück zu Steve Jobs: Bauchspeicheldrüsenkrebs ist der Tumor mit der schlechtesten Prognose. Jobs hatte eine spezielle Form davon. Dabei sind im Pankreasgewebe die endokrinen Drüsenzellen betroffen, die unter anderem Insulin bilden. Diese Krebsform ist weniger aggressiv, was Steve Jobs noch einige Lebensjahre schenkte. 2004 wurde sein Tumor aus der Bauchspeicheldrüse entfernt. Fachleute meinen: zu spät. Jobs vertraute auf alternative Verfahren, doch der Tumor hatte bereits Metastasen gebildet. 2008 hatten Fachleute der Johns Hopkins University in Baltimore alle Genmutationen bei PNET dokumentiert und eine genetische Landkarte dieses Krebses erstellt. Menschliche Zellen besitzen 3,3 Milliarden Basenpaare, die rund 23 000 Gene codieren. In Krebszellen sind einige dieser Gene mutiert.

Leberzelle und Hautzelle haben die gleichen 23 000 Gene. Bei der Leberzelle allerdings werden gegenüber einer Hautzelle andere Gene – in Jobs‘ Sprache Programme – an- bzw. abgeschaltet als in der Hautzelle.

Bei PNET scheinen spezielle »Master-Programme« mutiert zu sein. Mukherjee macht Hoffnung: Bei Krebsen des Blutes, der Lunge und Haut bietet die Steuerung der Kinase-Gene Ansatzpunkte für erfolgreiche Therapien.

Der Weg dahin ist aber zeitraubend und teuer. Und auch nicht jedes Forschungsprojekt führt zwangsläufig zum Erfolg. Doch mehr Geld in den Kampf gegen den heimtückischen Krebs als in Kriegs-Abenteuer und die Militär-Industrie zu stecken, ließe wenigstens die Aussichten auf lebensverlängernde »Waffenstillstände« wachsen.

Solange sollte man auf Friedens-Nobelpreisträger Desmond Tutu hören, der Blair und Bush wegen des Irakkrieges vor Gericht stellen will.


0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
0
Would love your thoughts, please comment.x