Gentests unter Beschuss


 

Business-Lady Anne Wojcicki ist die Tochter des Stanford-Physikers Stanley Wojcicki und Ehefrau des Google-Mitgründers Sergey Brin. »Ich will gesund 100 werden«, sagt sie und verwirklicht für sich diesen Traum mit der 2006 gegründeten Gentest-Firma »23andME«. Diese ist benannt nach unseren 23 Chromosomen-Paaren.Nun muss die überaus erfolgreiche Firma erst mal zurückstecken. Die gestrenge US-amerikanische Lebensmittel- und Pharmabehörde Food and Drug Administration (FDA) untersagt die weitere medizinische Auswertung ihrer DNA-Selbsttests: Es gebe keine Sicherheit, »dass die Test-Ergebnisse korrekt sind«, begründet die FDA die Nichtzulassung. Die Behörde befürchtet Fehldiagnosen: »Sie geben Menschen mit erhöhtem Risiko von Erbkrankheiten falsche Sicherheit und verleiten andererseits ungefährdete Kunden zu kostspieligen oder gefährlichen Behandlungen.« 23andMe versichert nun eilig, die Bedenken der Behörde auszuräumen. Die von Google massiv unterstützte Hightech-Firma verkauft in den USA einen DNA-Speicheltest via Internet für 99 Dollar.35 Pharma-DNA-Marker und andere genetische Eigenheiten werden analysiert. Ich habe den Test ausprobiert: Wattebausch an der Mundschleimhaut mit meiner DNA beladen und per Post nach Kalifornien. Etwa einen Monat später kamen verschlüsselt erste Ergebnisse – geordnet nach Risiken und Krankheiten.Ein rechtzeitiger Test hätte mir tatsächlich sehr geholfen: Ich habe laut DNA-Test blaue Augen, niese in der Sonne, habe keinen Spargel-Duft im Urin. Stimmt alles, ist aber harmlos. Weiter zu den Risiken: Diabetes? Alzheimer? Parkinson? Vermindertes Risiko bei allen dreien! Und wo hätte ich Probleme? Ich bin warfarinüberempfindlich! Warfarin (»Marcumar« in Deutschland) ist der Stoff, der fantastisch Blut verdünnt. 2008 bekam ich Warfarin in Hongkong nach einem Herzinfarkt in einer Überdosis gespritzt, ohne von diesem Risiko zu wissen. Ich erlitt kurz darauf eine Gehirnblutung und lag zwei Tage im Koma. Ich habe überlebt. Ich hätte ein anderes Medikament nehmen sollen! Das Koma wäre mir mit dem DNA-Test allerdings erspart geblieben.Ein zweites erhöhtes DNA-Risiko: Meine Nikotinsucht-Gene sind stark gehäuft. Mein Papa rauchte zwei Schachteln pro Tag und verkürzte damit dramatisch sein Leben. Warum lässt die besorgte FDA nun den Gentest nicht zu? Es werden täglich millionenfach teure Medikamente verschrieben, die nichts oder wenig bewirken oder gar gefährlich sind. DNA-Tests würden maßgeschneiderte Medikamente zulassen. »Cui bono?« fragten klug die alten Römer. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 


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