Noch einen Espresso für meine Leber


 

»Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht das Herze krank …«, heißt es in der Bachschen Kaffee-Kantate. Das ist, nun ja: falsch! Zwei bis drei Tassen täglich sind offenbar urgesund: Die Zahl von Leberkrankheiten wird verringert, die generelle Mortalität gesenkt. Kaffee hat eindeutig leberschützende (hepatoprotektive) Eigenschaften. Er enthält über einhundert chemische Verbindungen, die alle dafür verantwortlich sein könnten, wahrscheinlich mehrere davon im Verbund. Da gibt es großen Forschungsbedarf! Die Substanzen Koffein, Cafestol und Kahweol scheinen außerdem Antikrebseffekte zu haben. Kaffee galt lange Zeit als sehr ungesund: Das Herz schlägt nach Koffein-Gabe hektischer. Nach 18 Uhr getrunken, habe ich zum Beispiel zuverlässig eine schlaflose Nacht.Interessant: Die Finnen trinken durchschnittlich weltweit den meisten Kaffee. Jeder Finne verbraucht etwa zwölf Kilo Kaffeebohnen jährlich. Finnische Forscher fanden heraus, dass hoher Koffeinkonsum die Bildung eines speziellen Leberenzyms besonders bei Männern beeinflusst, die viel Alkohol trinken. Das Enzym Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) findet sich dann in erhöhter Konzentration im Blut; die Leber ist geschädigt. Bei sehr viel Alkohol und gleichzeitig mindestens vier Tassen Kaffee täglich war allerdings die GGT-Konzentration im Blut weniger stark erhöht. Die untersuchten Probanden wurden zu 3,7 Prozent als schwere Trinker eingestuft. Diese Gruppe hatte die höchsten Blutwerte für GGT. Wer übermäßig Alkohol zu sich nahm, aber gar keinen Kaffee trank, hatte die höchsten GGT-Werte. Aha, Leberschaden! Wer mehr als fünf Tassen Kaffee täglich trank, hatte deutlich niedrigere GGT-Konzentrationen im Blut. Doch halt! Alkohol wird durch reichlichen Kaffeekonsum nun keineswegs gesünder.

Der schwarze Trank bietet noch mehr: So soll bei Kaffeetrinkern das Risiko, an Altersdiabetes (Diabetes Typ 2) zu erkranken, um rund die Hälfte geringer sein.

So weit, so gut. Doch kann Kaffee süchtig machen? Typische Sucht-Symptome wie bei Alkohol oder Drogen treten nicht auf. Die Dosis muss nicht ständig erhöht werden. Kaffeetrinker verlieren auch kaum die Kontrolle über ihren Konsum. Allerdings bilde ich mir ein, mein Gehirn arbeite ohne den morgendlichen Kaffee langsamer. Psychologie? In den USA trank ich vor etlichen Jahren versehentlich einen Kaffee nach 18 Uhr und konnte die ganze Nacht kein Auge schließen. Schrecklich! Am nächsten Morgen erklärten mir meine betrübten US-Gastgeber auf Anfrage: Ich hatte (entkoffeinierten) DECAF bekommen, null Koffein!

PS: Diese koffeingetränkte Biolumne wurde nicht von Starbucks finanziert!

 

 

 

 


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